Derbys überschatten Choreo-Wochenende

Bild: Jokers Radeberg

Am vergangenen Wochenende boten die deutschen Fußballstadien ein beeindruckendes Bild: Zahlreiche Choreografien und kreative Fanaktionen prägten das Geschehen und zeigten die Unterstützung der Anhänger für ihre Vereine. Leider wurden diese positiven Eindrücke von 2 erheblichen Vorfällen.

Ausschreitungen beim Ost-Derby zwischen Hansa Rostock und Dynamo Dresden

Am Samstag, dem 22. Februar 2025, trafen im ausverkauften Ostseestadion der FC Hansa Rostock und Dynamo Dresden aufeinander. Von den 26.000 Zuschauern stellten die Gäste aus Dresden 2.600 Fans. Bereits im Vorfeld wurde ein hitziges Derby erwartet.

Während des Aufwärmens der Mannschaften kam es zu einem ersten Zwischenfall: Eine Leuchtrakete wurde aus dem Hansa-Fanblock in Richtung eines Dynamo-Spielers abgefeuert, der glücklicherweise ausweichen konnte. Der Anpfiff verzögerte sich aufgrund einer Choreografie der Rostocker Fans auf der Südtribüne, die sich direkt neben dem Gästeblock befindet.

In der 11. Spielminute erzielte Nils Fröling per Kopfball das 1:0 für Hansa Rostock. Gegen Ende der ersten Halbzeit eskalierte die Situation auf den Tribünen: Fans beider Lager versuchten, den direkten Kontakt zueinander herzustellen. Die Polizei griff ein und positionierte sich im Pufferbereich zwischen Heim- und Gästeblock. Es kam zu einem massiven Einsatz von Pyrotechnik, die zwischen den Fanlagern hin und her geworfen wurde. Diese Ausschreitungen führten zu einer fast 30-minütigen Spielunterbrechung.

Bild: Jokers Radeberg

Laut Polizeipräsidium Rostock wurden bei den Vorfällen 13 Polizeibeamte verletzt. Zudem erlitten fünf Stadionmitarbeiter Verletzungen bei einem Angriff auf den Catering-Bereich der Gästefans. Weitere 33 Personen mussten im Stadion von Sanitätern behandelt werden. Dynamo-Dresden-Anhänger beschädigten eine Plexiglasscheibe im Gästeblock. Dank des Polizeieinsatzes im Pufferbereich konnte ein direkter Zusammenstoß der rivalisierenden Fans verhindert werden. Insgesamt waren rund 1.300 Beamte im Einsatz.

Die Verantwortlichen beider Vereine machen sich gegenseitig für die Eskalation verantwortlich. Der Vorstandsvorsitzende von Hansa Rostock kündigte für den heutigen Montag, den 24. Februar 2025, eine zügige Aufarbeitung der Ereignisse an. Geplant ist ein Treffen mit der Landespolizei, bei dem die Vorfälle anhand des vorhandenen Videomaterials analysiert werden sollen.  

Polizeieinsatz vor dem Rheinderby zwischen dem 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf

Am Sonntag, dem 23. Februar 2025, stand das Rheinderby zwischen dem 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf im Fokus. Beide Teams kämpfen um die Aufstiegsplätze, was die Brisanz der Begegnung erhöhte.

Laut Bundespolizei reisten etwa 500 als “Problemfans” eingestufte Anhänger aus Düsseldorf mit Bussen zum Bahnhof Köln-Weiden West. Dort vermummten sie sich und machten sich zu Fuß auf den Weg in Richtung RheinEnergieSTADION. Kölner Fans wurden auf diese Bewegung aufmerksam und versuchten, die Düsseldorfer Gruppe abzufangen. Die Polizei konnte jedoch ein direktes Aufeinandertreffen verhindern. Dennoch verhielten sich die Fans weiterhin aggressiv, woraufhin die Polizei sie einkesselte und Personenkontrollen sowie Leibesvisitationen bei allen rund 500 Personen durchführte. Laut Fanhilfe Fortuna wurden Toilettengänge nur in Begleitung von Polizeibeamten gestattet, was die Privatsphäre einschränkte. Zudem wurde der Zugang zu Essen und Getränken verwehrt. Die Polizei fand bei den Durchsuchungen Pyrotechnik. Allen 500 Personen wurde daraufhin ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot für die Stadt Köln ausgesprochen, unabhängig davon, ob sie verbotene Gegenstände mit sich führten oder nicht. Anschließend wurden sie zum Bahnhof gebracht, von wo aus sie die Heimreise antreten mussten. Die Polizei leitete Ermittlungsverfahren für jede festgestellte Straftat ein.  

Video: GruppaOF

Ein weiterer Teil der Düsseldorfer Fans reiste mit zwei Sonderzügen zum Bahnhof Köln-Ehrenfeld. Während der Fahrt wurde Pyrotechnik gezündet und Böller geworfen. Verletzte gab es dabei nicht. Die Polizei identifizierte die Tatverdächtigen, und bei der Ankunft wurden deren Personalien festgestellt. Dieses Vorgehen führte zu Solidarisierungseffekten innerhalb der Fanszene, was zu einem tätlichen Angriff auf einen Polizeibeamten geführt haben soll. Details zu diesem Vorfall sind jedoch spärlich, da weder Bild- noch Videomaterial vorliegt und Aussagen anderer Parteien fehlen. Nachträglich stellte die Polizei fest, dass zwei Glasscheiben im Zug beschädigt wurden. Die aktive Fanszene von Fortuna Düsseldorf war beim Spiel nicht mehr präsent. Manch andere Düsseldorfer Fans solidarisierten sich und verließen das Stadion zu Beginn des Spiels, nachdem sie über die Vorkommnisse mit der Polizei informiert worden waren. Eine ausführlichere Stellungnahme von Fortuna Düsseldorf oder der Fanhilfe steht noch aus.

Diese Ereignisse werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, denen sich Vereine, Fans und Sicherheitskräfte bei brisanten Derbys gegenübersehen. Eine gründliche Aufarbeitung und konstruktive Dialoge sind unerlässlich, um zukünftige Eskalationen zu vermeiden und den Fußball vor weiteren Einschränkungen zu bewahren.

Nachtrag

Die Fanhilfe Fortuna nahm am Nachmittag des 24.02.2025 Stellung zu den Vorkommnissen und widersprach einigen Schilderungen der Polizei.

Nachfolgend dokumentieren wir die Stellungnahme der Fanhilfe Fortuna:

Am gestrigen Sonntag begaben sich rund 500 Fans der Fortuna mit Bussen zum Auswärtsspiel nach Köln. Auf dem Weg zum Müngersdorfer Stadion wurden diese schließlich von der Polizei auf der Aachener Straße festgesetzt. Nachdem die erste Verlautbarung der Polizei besagte, dass die Fortuna-Fans nach kurzer Wartezeit zum Stadion begleitet werden, änderte sich das Ziel der Maßnahme wenig später ohne Vorwarnung. Nun sprachen die Beamten von Vermummung sowie Passivbewaffnung und konstruierten einen „Anfangsverdacht zur möglichen Begehung von Straftaten“. Diese fadenscheinige Begründung rechtfertige dementsprechend die anhaltende Festsetzung der Fans. Die Polizei begann danach, erkennungsdienstliche Maßnahmen bei allen Düsseldorfern im Polizeikessel durchzuführen und trat dabei zum Teil aggressiv auf. Zur Personalienfeststellung und anschließenden Leibesvisitation wurde in erster Linie die hinzubestellte BFE-Einheit eingesetzt. Den Maßnahmen der Polizei wurde von Seiten der Fans ruhig und besonnen Folge geleistet. Kurz nach Anpfiff des Spiels im ca. zwei Kilometer entfernten Stadion wurde den rund 500 Personen schließlich ein bis in die Abendstunden gültiger Platzverweis für das gesamte Kölner Stadtgebiet ausgesprochen. Somit mussten die Fortuna-Fans den Rückweg nach Düsseldorf antreten.

In den knapp viereinhalb Stunden, die die Fans im Polizeikessel verbrachten, hatten diese kaum Möglichkeiten, sich mit Essen und Getränken an den nahegelegenen Tankstellen zu versorgen. Erst als die Kontrollen schon mehrere Stunden dauerten, erhielten die festgesetzten Personen vereinzelt Wasserflaschen. Toilettengänge – auch weiblicher Fans – wurden nur mit geöffneter Tür und unter Beobachtung von Polizeibeamten gestattet. Selbst das Wechseln von Hygiene-Artikeln war einem weiblichen Fan nur im Beisein einer Polizistin erlaubt.

Wir als Fanhilfe Fortuna kritisieren die polizeilichen Maßnahmen, deren Verhältnismäßigkeit und die Umstände. Neben den genannten Punkten wollen wir auch die Darstellung der Polizei hinterfragen. Sicherlich wurde während des Marsches vereinzelt Pyrotechnik gezündet, einzelne Personen waren dabei auch vermummt. Dies ist jedoch alles andere als untypisch für ein Derby. Ein besonders aggressives Auftreten der Fans, das vor allem im Pressebericht der Polizei beschrieben wird, entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Vielmehr war die Stimmung unter den Fortuna-Fans – sowohl während des Marsches als auch im Kessel – überwiegend entspannt und trotz der durchgeführten Maßnahmen kooperativ. Provokationen erfolgten dabei eher von Seiten der Polizei. So forderte ein Polizeibeamter die Düsseldorfer Fans dazu auf, sich wie „zivilisierte Mitteleuropäer“ zu benehmen. Eine Aussage, in die man durchaus Rassismus hineininterpretieren kann und die gerade von Polizeibeamten nicht getroffen werden sollte.

Das Derby endete schließlich für zahlreiche Fans frühzeitig, ohne Stadionbesuch und unter teils unwürdigen Bedingungen. Die Polizei scheint dennoch zufrieden, was einmal mehr ein fragwürdiges Verständnis der Verhältnismäßigkeit und der Wahrung von Grundrechten offenbart.

Hier kommt ihr direkt zur Stellungnahme.