Bild: snepanovic
Das Niedersachsen-Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig am 9. März 2025 geriet erneut in den Fokus von Sicherheitsdebatten und Fanprotesten. Bereits im Vorfeld hatte die Polizeidirektion Hannover entschieden, das Gästekontingent um 40 Prozent zu reduzieren, sodass maximal 2.541 Braunschweiger Fans im Stadion zugelassen waren. Diese Maßnahme stieß auf Kritik seitens der Fanszenen beider Vereine und führte zu Boykottaufrufen.
Die aktive Fanszene von Hannover 96 entschied sich, ihren angestammten Platz in der Nordkurve zu verlassen und auf die Westtribüne zu wechseln. Rund 2.000 Anhänger folgten diesem Aufruf, wodurch die Nordkurve weitgehend leer blieb. Dieser Umzug erfolgte legal, da alle Beteiligten gültige Eintrittskarten besaßen, sodass die Polizei nicht eingreifen konnte.

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An den Eingängen zur Nordkurve kam es zu erheblichen Verzögerungen. Auf Anraten der Polizei hatte Hannover 96 das Einlasskonzept kurzfristig geändert und nur zwei der acht Eingänge geöffnet. Der Ordnungsdienst war mit dem Andrang überfordert, was zu einem Rückstau von mehreren hundert Fans führte. Infolge des zunehmenden Drucks wurden die Kontrollen aufgegeben, sodass zahlreiche Zuschauer ohne Kartenkontrolle ins Stadion gelangten.
Während des Spiels kam es zu mehreren Unterbrechungen. In der 11. Minute wurden mindestens acht Pyro-Raketen von der Gegengeraden auf das Spielfeld geschossen, woraufhin Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck die Partie unterbrach und die Teams in die Kabinen schickte. Ein Banner mit der Aufschrift „Ein schwarzer Tag für den deutschen Fußball” war zu sehen. Nach etwa sechseinhalb Minuten wurde das Spiel fortgesetzt. In der 25. Minute flogen erneut Tennisbälle aufs Spielfeld, begleitet von einem Banner mit der Aufschrift „Gästekontingente sind nicht euer Spielball”. Zudem präsentierten die Fans ein weiteres Banner, auf dem Innenministerin Daniela Behrens in einem Fadenkreuz abgebildet war. Die Polizei hat dagegen bereits Ermittlungen aufgenommen.

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Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Stadion präsent und positionierte zwei Wasserwerfer sichtbar im Innenraum, um bei weiteren Störungen eingreifen zu können. In ihrer Pressemitteilung zog die Polizei eine durchwachsene Bilanz des Einsatzes und verzeichnete mehrere Straftaten sowie diverse Störungen vor und während des Spiels. Sie betonte, dass ein direktes Aufeinandertreffen rivalisierender Gruppen verhindert werden konnte, jedoch kam es zu mehreren Spielunterbrechungen durch den Wurf von Pyrotechnik und Tennisbällen auf das Spielfeld.

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Die Fanhilfe Hannover widersprach in ihrer Stellungnahme den Darstellungen der Polizei. Sie kritisierte die kurzfristigen Änderungen des Einlasskonzepts und bezeichnete die Situation am Stadioneingang als chaotisch, jedoch durchweg friedlich. Von einem „Stadionsturm“ könne keine Rede sein. Zudem warf sie der Polizei vor, in ihrer Pressemitteilung falsche Darstellungen zu verbreiten, um den massiven Polizeieinsatz und die Präsenz von Wasserwerfern im Stadion zu legitimieren. Die Fanhilfe appellierte an die Medien, polizeiliche Aussagen kritisch zu hinterfragen und unabhängig zu überprüfen.
Bewertung des Wasserwerfer-Einsatzes
Besonders besorgniserregend war die Präsenz von zwei Wasserwerfern im Innenraum des Stadions. Der Einsatz solcher Mittel bei einem Fußballspiel wirft Fragen zur Verhältnismäßigkeit auf, da Wasserwerfer in der Regel für großflächige Einsätze vorgesehen sind und dabei auch Unbeteiligte getroffen werden könnten. Zudem stellt sich die Frage, ob eine solche Maßnahme in einem Stadionumfeld, in dem sich Tausende von Menschen auf engem Raum befinden, tatsächlich zur Deeskalation beiträgt. Angesichts der Art des Protests, bei dem hauptsächlich Pyrotechnik und Tennisbälle auf das Spielfeld geworfen wurden und nach unseren Informationen niemand verletzt wurde, bleibt offen, ob der Einsatz dieser Fahrzeuge notwendig war oder ob andere Mittel zur Beruhigung der Situation hätten ausreichen können.
Das Derby endete sportlich unentschieden, doch die Ereignisse abseits des Spielfelds werfen Fragen zur Sicherheitspolitik und zum Umgang mit Fanprotesten auf. Die unterschiedlichen Darstellungen von Polizei und Fanhilfe Hannover verdeutlichen die Notwendigkeit einer transparenten Aufarbeitung der Vorkommnisse, um zukünftige Eskalationen zu vermeiden und das Vertrauen zwischen Fans, Vereinen und Sicherheitskräften zu stärken.